Manchmal heisst das: loslassen. Erwartungen, Kontrolle, Widerstand. Und manchmal heisst es ganz wörtlich: einen Satz durch die Druckerpresse rollen. Mit Tinte, Druck und Präsenz. Diese Geschichte mit Shawn Jones tut beides – sie verbindet Musik, Erinnerung und Handwerk zu etwas, das leise bewegt.
«Let it roll away... bedeutet, du musst loslassen. Erwarte nichts – sonst wirst du nur enttäuscht. Aber wenn du wirklich loslässt, kommt es zurück. Auf wunderschöne Weise.»
— Shawn Jones
Genau vor einem Jahr begann etwas ganz Besonderes. Nicht als Projektplan oder Konzeptpapier, sondern als offenes Gespräch. Es begann mit Musik, schweifte ins Leben ab und fand seine Rückkehr als Tinte auf Papier.
Das ist die Geschichte einer A.i.R. Session – nicht nur Artist in Residence, sondern in meiner Welt: Artist in Resonance.
Seit Jahren träume ich davon, Musiker:innen in eine tiefere Art von Pre-Session einzuladen. Einen Raum, in dem sie nicht nur ihre Instrumente stimmen, sondern sich selbst. Einen Raum, der Erkundung erlaubt, bevor etwas entsteht. Der Absicht fördert, bevor Leistung gefordert wird.
Als Shawn Jones zusagte, bei unserer ersten A.i.R. Session in den LITTLE BIG BEAT STUDIOS mitzumachen, wusste ich: Diese Idee wird jetzt real.
Was ich nicht wusste: wie sehr sie uns beide berühren würde.
Schon Wochen vor seinem Auftritt begannen wir zu sprechen – und konnten kaum wieder aufhören. Als er ankam, setzten wir das Gespräch fort – fast fünf Stunden lang. Und irgendwo zwischen Geschichten über das Leben, Verluste, Wachsen und Dankbarkeit tauchte eine Zeile aus seinem Song "Roll Away" auf:
«Let it roll away. The next thing you know, it’s all gonna roll your way.»
Keine Strategie. Kein Slogan.
Einfach eine Wahrheit, die im Raum stand und gesehen werden wollte.
Am nächsten Tag nahm ich Shawn mit in mein Letterpress-Studio – einen Raum voller Gewicht, Tinte und Holz. Als wir gemeinsam die Setzkästen, die Papiere und Werkzeuge durchgingen, blieb Shawn plötzlich stehen. Er atmete tief durch und sagte mit einem lächelnden Blick:
«Das ist wie ein Dejà-vu. Mein Grossvater war Drucker. Als Kind habe ich ihm oft zugeschaut. Der Geruch, das Papier, diese Ruhe... es kommt alles zurück.»
Shawn an der Presse, in Verbindung mit seinem Grossvater.
Schon dieser Moment hätte gereicht.
Aber wir gingen weiter. Wir wählten Schriften, diskutierten Kompositionen, legten die Worte immer wieder neu.
Sollte "ROLL" laut sein? Sollte "your" leise bleiben? Funktioniert "LET IT" besser in Grossbuchstaben oder verliert es dabei seine Sanftheit?
Wir stritten sogar ein bisschen über das Papier – und einigten uns schliesslich auf zwei Versionen: eine edle weisse Edition, und eine zweite auf warmem cargo-braunem Papier. Beide erdig. Beide präsent.
Und dann tat Shawn etwas Grosszügiges: Er nahm sich Zeit, alle 54 weissen Drucke und 24 braunen Exemplare von Hand zu signieren. Und er schrieb mir und den LITTLE BIG BEAT STUDIOS je eine ganz persönliche Widmung. Small gestures, deep meaning.
Rückblickend hat dieser ganze Prozess – vom Gespräch bis zum Druck – tief in meinem Life-Design-Herz resoniert.
Ich sage oft in meinen Workshops: Du musst nicht alles durchplanen. Lass Resonanz führen. Geh einen Schritt, dann zeigt sich der nächste.
Das hier war kein Projekt zum Managen.
Es war etwas, das entstehen wollte.
Wir haben nicht nach Klarheit gesucht – wir haben ihr Raum gegeben. Und sie kam. Ganz von selbst.
Einblick in meine Konversation und das Resultat aus der A.i.R. Session mit Shawn
Danke, Shawn, für deine Offenheit, Tiefe und deine Musik.
Danke an die LITTLE BIG BEAT STUDIOS für diesen Raum, in dem Klang und Wahrheit entstehen dürfen.
Und danke an alle, die daran glauben, dass Kreativität nicht nur Output ist – sondern eine Art zu leben.
Aufs Loslassen.
Aufs Zurückkommen.